Die Allgemeine Ortskrankenkasse Berlin
in der Rungestraße

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damals...

aus einem Text von 1930



AOK Rungestraße
AOK Gebäude Rungestraße 3-6 am Köllnischen Park



            Die Allgemeine Ortskrankenkasse der Stadt Berlin wurde am 1. Januar 1914 errichtet.
39 Ortskrankenkassen wurden zu einer Allgemeinen Ortskrankenkasse zusammengelegt.

Obwohl die Verhandlungen hierüber bereits Anfang 1913 begannen, führten Sie doch erst im Oktober 1913 zu einem abschließenden Ergebnis.

Erst danach konnten die Organisationsarbeiten für die Zusammenlegung begonnen werden, so dass es vor der Eröffnung der Kasse nicht mehr möglich war, für ausreichende Räume zu sorgen.

Die beiden grössten zusammengelegten Kassen, die Ortskrankenkasse für den Gewerbebetrieb der Kaufleute usw. mit 136 133 und die Allgemeine Ortskrankenkasse zu Berlin mit 81 436 Mitgliedern, besassen eigene Verwaltungsgebäude in der Klosterstrasse 71-72 und Köpenicker Straße 80-82, ausserdem gehörte der an der Vereinigung beteiligten Ortskrankenkasse der Schneider das Grundstück Sebastianstrasse 36-37.

Es blieb daher zunächst nichts weiter übrig, als die Verwaltung der neuen Kasse zu teilen und in die Häuser Klosterstrasse 71-72 und Köpenicker Strasse 80-82 zu verlegen, außerdem wurden für die Abfertigung der arbeitsfähigen kranken Mitglieder Geschäftsstellen errichtet.

Der Kassenvorstand und die Verwaltung waren sich aber von Anbeginn darüber klar, dass die Teilung der Zentrale zu grossen Schwierigkeiten führen und nur als Notbehelf angesehen werden könne. Deshalb sollte auch der Neubau eines Verwaltungsgebäudes baldigst in Angriff genommen werden.

Der wenige Monate nach der Errichtung der Kasse ausgebrochene Krieg machte jedoch die Verwirklichung dieses Planes unmöglich, der aber sofort nach Beendigung des Krieges wieder aufgenommen wurde.


Im Jahre 1915 bereits waren uns die Grundstücke Köpenicker Straße 88-91 und Rungestrasse 5-6 angeboten worden, die Verhandlungen führten jedoch zu keinem Abschluss.
Als 1919 ein erneutes Angebot erfolgte, wurde sehr bald ein Kaufabschluss erzielt. Dazu kam dann der Erwerb der Grundstücke Rungestrasse 7, Am Köllnischen Park 6-7, und Köpenicker Strasse 86-87.

All diese Grundstücke bilden einen zusammenhängenden viereckigen Baukomplex, auf welchem das neue Gebäude errichtet werden sollte.
Aber schon in den nächsten Jahren stellten sich dem Bau unüberwindliche Schwierigkeiten entgegen.
Infolge der Inflation waren die Verhältnisse sehr unsicher und die Baumaterialien häufig von mangelhafter Beschaffenheit.
Nach Stabilisierung der Währung stieg der Bauindex von Monat zu Monat bis zum Jahre 1928, erste dann trat allmähliche Senkung ein.


Inzwischen waren die Raumverhältnisse in der Kasse immer unerträglicher geworden. Die Mitgliederzahl war auf mehr als 500 000 gestiegen. Immer neue Aufgaben wurden der Kasse übertragen.


Zu der Versicherung der Arbeitslosen und der Einziehung der Arbeitslosenbeiträge gesellten sich die Unterstützung der Kriegsdienstbeschädigten, die Fürsorge für Schwangere und Wöchnerinnen und schließlich auch noch die Familienhilfe.

Die Beschwerden von Arbeitgebern und Versicherten über die Zustände in unseren Räumen häuften sich, Ohnmachtsanfälle gehörten zu den Tageserscheinungen.
Der Gesundheitszustand unserer Angestellten, die sich ständig in mangelhaften, schlecht gelüfteten und unzureichenden beleuchteten, von kranken überfüllten Räumen aufhalten und angestrengt arbeiten mussten, verschlechterte sich zusehends.

Als dann schließlich noch wiederholte schwere und anhaltende Grippe – Epidemien auftraten und unsere Räume nicht mehr ausreichten die grosse Zahl der kranken und ihre Angehörigen aufzunehmen, als wir nicht einmal mehr den Platz hatten, um die Kranken schneller abzufertigen, verlangte die Presse eine schleunige Abhilfe und ein Einschreiten unserer Aufsichtsbehörde.


Auch ihrer gesetzlichen Verpflichtung zum Umtausch und zur Ausstellung von Invaliden und Angestelltenversicherungskarten konnte die Kasse wegen Raummangels nicht nachkommen, obwohl sie wiederholt von dem Herrn Oberpräsidenten der Provinz Brandenburg unter Androhung von Zwangsmassnahmen hierzu aufgefordert wurde. - Als dann im Auftrage des Herrn Oberpräsidenten die Polizei unsere Raumverhältnisse nachgeprüft hatte, wurden wir vorläufig von der Ausstellung der Invalidenkarten usw. befreit.


Dabei wurde uns aber zur Bedingung gemacht, die Errichtung des neuen Verwaltungsgebäudes zu beschleunigen, damit die Kasse ihre gesetzlichen Verpflichtungen erfüllen könne. - Nicht vergessen darf werden, dass die Teilung der Zentrale die Verwaltung äusserst erschwerte, mit Arbeit belastete und mehr Personal erforderte. Auch Arbeitergeber und Versicherte wurden unnütz belastet.

Alle diese Umstände veranlassten schließlich den Vorstand, sich Ende des Jahres 1928 erneut mit der Frage des Neubaues zu beschäftigen und Herrn Architekt Albert Gottheiner mir der Anfertigung eines Entwurfs zu beauftragen.
Als das Versicherungsamt nach eingehender Prüfung, auch des Finanzierungsplanes, dem Bau zugestimmt hatte, erklärte sich der aus 30 Vertretern der Arbeitgeber und 60 Vertretern der Versicherten bestehende Kassenausschuss am 20. Februar 1929 fast einstimmig – gegen zwei Stimmen – für den Neubau und bewilligte die erforderlichen Mittel.
Später hat auch das Reichsversicherungsamt dem Bau zugestimmt. Unsere Hoffnung, den Plan recht schnell zu verwirklichen wurde leider gleich Anfangs zerstört, als uns die Stadt Berlin mitteilte, das die Kasse wegen einer Änderung der Bauflucht durch die Verbreiterung der Köpenicker Strasse von der Strassenfront einen 10m tiefen Streifen an die Stadt abgeben müsse. Hierdurch gingen der Kasse 800qm verloren.

Da seitens der Baupolizei auch noch Forderungen erhoben wurden, die eine wesentliche Einschränkung des Bauprojekts mit sich brachten, mussten mit der Stadt Verbindungen zum Erwerb der Stadt gehörigen Nachbargrundstücke Köpenicker Straße 92, Rungestrasse 3-4 und Wassergasse angeknüpft werden, die erst nach monatelangen Bemühungen zu einem Ergebnis führten.

Damit wurde die Ausarbeitung eines vollständig neuen Bauplanes erforderlich, der nun erst wieder alle Instanzen zur Prüfung und Genehmigung durchlaufen musste. Nach diesem endgültig genehmigten Plänen des Architekten Albert Gottheiner wurde der Bau unter dessen Leitung ausgeführt.
Am 30 Juni 1930 konnte endlich mit den Ausschachtungsarbeiten begonnen werden, die am 20. November beendet waren. Nach der Erledigung der Fundierungsarbeiten erfolgte am 18. April 1931 die Grundsteinlegung.
Dann mussten wieder einige neue Hindernisse überwunden werden. Die von dem Architekten Gottheiner gewählte Fassade sagte einer Gruppe von Architekten, die eine andere künstlerische Richtung vertreten, nicht zu. Sie erhob gegen die Genehmigung dieser Fassade Einspruch.

Obwohl der Sachverständigenausschuss des Bezirks Mitte, das Bezirksamt, dar Magistrat und auch der Herr Polizeipräsident ihr Einverständnis mit der Fassade erklärt hatten, musste sich auch noch der Herr Wohlfahrtsminister mit der Angelegenheit beschäftigen, von dem aber ebenfalls gegen das Bauvorhaben grundsätzliche Bedenken nicht erhoben wurden.

Wenn auch hierdurch die Arbeiten wiederum erheblich verzögert wurden, war es doch möglich, den Aussenbau im November 1931 zu beenden und im Januar 1932 mit dem Innenbau zu beginnen. Im Dezember 1932 war das Haus fertiggestellt, so dass es zwischen Weihnachten und Neujahr bezogen werden konnte. Am 2. Januar 1933 wurde der Betrieb im neuen Hause aufgenommen.
Für den Neubau stand ein Grundstück von etwa 8000qm Freifläche zur Verfügung, wobei auf eine spätere Erweiterungsmöglichkeit nach drei Seiten hin Rücksicht genommen werden musste.

Der Neubau gliedert sich:

a) in einen Hauptbau an der Rungestrasse von 104 m Länge und 15m Tiefe, dessen Mittelteil eine Höhe von 27 m und die Seitenteile eine solche von 24m erreichen,


b) in einen linken Flügelbau von 60 m Länge, 14m Breite und 24m Höhe,


c) in einen mittleren Flügelbau von 55 m Länge, 14m Breite und 24m Höhe,


d) in eine Schalterhalle von 46m Breite, 52 m Länge und 7,50m Höhe,


e) in einen rechten Flügelbau an der Wassergasse von 36m Länge, 13m Breite und 10m Höhe.



Das Gebäude umfasst einen umbauten Raum von 120 000 cbm einschließlich Keller.

Die Nutzfläche einschliesslich der Keller beträgt 18 000 qm.

Das Hauptgebäude sowie die beiden grossen Flügelbauten erhalten 6 Obergeschosse und das Kellergeschoss.

Für die Herstellung der Fundamente waren ca. 35 000 cbm Boden zu bewegen, 3500 cbm Beton nebst 300 Tonnen Eisen, einschließlich einer Pfahlgründung erforderlich, die sich wegen der Bodenbeschaffenheit eines kleinen teils der Baustelle an der Rungestrasse als notwendig erwies.

Die Hauptfront zeigt eine stark vertikale Gliederung durch massige, vom Keller bis zum Dach reichende vorspringende Stützpfeiler. Diese Stützpfeiler sind die wirklichen Stützen des gesamten Baues. Hinter einer rotbraunen Ziegelverkleidung verbergen sich mächtige Stahlträger. Diese sind wiederum durch horizontale Träger miteinander verbunden, die als Deckenträger eine Länge von 1m freitragend überbrücken. Durch Einfügung der horizontalen in die vertikalen Trägerelemente entsteht dabei eine vollständig schwankungs- und spannungssichere Kastenkonstruktion, die trotz des Fehlens von Dreiecks- oder Bodenverbindungen doch ein statisch bestimmtes unverrückbares Gerippe ergibt. Um dieses Stahlgerüst schmiegen sich harmonisch Backsteine und Zement. So bestimmt in erster Linie das Knochengerüst aus Trägern das Gesicht des Bauwerkes. Hierdurch entstehen Bürosäle von ca. 30m Länge und 14m Breite, die durch keinerlei Stützelemente unterbrochen sind.

Das ergibt wiederum eine völlig freie Disposition über dem Innenraum.

Von der Rungestrasse gelangt man durch ein Portal in die Eingangshalle. Von dieser aus rechts und links in je eine Halle von 22x14m und nach hinten in eine dreischiffige, in der Mitte glasbedachte Haupthalle von 46x52m. In allen vier Geschossen des Hauptbaues liegen grosse Arbeitssäle; keine Trennwand erschwert die Übersicht.

Im vierten Geschoss liegt ein Vortragssaal von 22x14m Grundfläche.
Der Gesamtbau einschließlich der Höfe ist durchgehend unterkellert. In den Kellerräumen sind neben der Heizung und Lüftung eine Licht- und Kraftzentrale und eine Schmutzwasserhebeanlage installiert nebst den übrigen technischen Einrichtungen. Fünf Fahrstühle sorgen für die Personenförderung. An dem Bau waren ca. 150 verschiedene Firmen mit etwa 3700 Arbeitskräften beschäftigt. Durch den Neubau fanden ständig 600 bis 700 Arbeiter Lohn und Brot.
Für die Inneneinrichtung ist der grösste Teil der vorhanden gewesenen Möbel verwendet worden.
Die Abfertigung von Arbeitgebern und Versicherten erfolgt in Zukunft durchweg an offenen Schaltern. Eine moderne Telephonanlage sorgt für die Verständigung im Hause und nach aussen.

In der Haupthalle im Erdgeschoss findet die Abfertigung der Versicherten statt. Daneben ist die Hauptkasse, und in den Flügeln sind die Meldeabteilung, die Heilstättenabteilung, eine Zahlstelle, die Ausgabestelle für Invaliden und Angestelltenversicherungskarten sowie die Hausverwaltung untergebracht.

In der ersten Etage befindet sich die Beitragsabteilung, während in der zweiten Etage die Buchhaltung, die Unfall-, Kriegsbeschädigten und Krankenhausabteilung, die Rezeptprüfungsstelle, die statistische, die Rechtsstreit- und Vollstreckungsabteilung, die Kanzlei und die Telephonzentrale Aufnahme gefunden haben.

In der dritten Etage befinden sich neben den Vorstands- und Direktionsräumen die Personalabteilung und die Untersuchungszimmer der Vertrauensärzte sowie zwei Sitzungszimmer. Der grosse Vortragssaal in der vierten Etage dient der laufenden Unterweisung und Ausbildung des Personals, Sitzungen der Kassenorgane sowie zur Abhaltung sozialhygienischer Vorträge.

Ein kleiner Raum soll ständig eine Ausstellung von Modellen der Heilstätten der Kasse und sonstigen Einrichtungen enthalten.
Im Keller sind die Garderoben für die 800 im hause beschäftigten Angestellten sowie eine Kantine, Maschinen- und Lagerräume untergebracht.

Ein Flügel der dritten und vierten Etage ist an den Verband der Krankenkassen zum Betriebe eines Ambulatoriums vermietet worden.

Die veranschlagten und vom Ausschuss sowie den Aufsichtsbehörden bewilligten Kosten für den Bau beantragen 4 800 000 RM. Eine Überschreitung erfolgt nicht. Das Architektenhonorar betrug 200 000 RM., wofür der Architekt verpflichtet war, sein Personal und die Bauleitung zu bezahlen.

Neben einer besseren und schnelleren Abfertigung der Arbeitgeber und Versicherten, der Beseitigung unnützer Gänge sowie einer wesentlichen Vereinfachung der Verwaltung, hat der Bau auch noch sonstige Vorteile gebracht. So war es möglich, durch eine andere Abgrenzung der Wohnbezirke zwei Zahlstellen eingehen zu lassen. Wir konnten auch die unserer Kasse gehörigen Nachbarhäuser Am Köllnischen Park 6 und 7 mit Heizung und Warmwasser durch die Anlagen des Neubaus mit versorgen.

Kein Luxuspalast ist geschaffen worden, sondern ein schlichtes und dabei schönes, mit modernen Einrichtungen versehenes Bürohaus, das den Arbeitergebern und Versicherten grosse Erleichterungen und den Angestellten der Kasse zweckentsprechende Arbeitsräume bringt.
Bedauerlich ist, dass die Fertigstellung in der Zeit der grössten wirtschaftlichen Not erfolgen musste. Eine Unterbrechung des Baues wäre aber ein grosser Schaden für die Kasse gewesen.-

Zu Beginn des Baues standen beziehbare Gebäude, die sich für die Unterbringung der Dienststellen der Kasse geeignet hätten, nicht zur Verfügung. Der Erwerb, der Abstand und Umbau fertiger Gebäude wären wahrscheinlich auch nicht billiger gewesen.

Während der Zeit des Baues hat die Kasse die Beiträge herabgesetzt. Andererseits wurde sie durch Notverordnungen gezwungen, ihre Mehrleistungen abzubauen. Es ist ihr trotzdem möglich gewesen, über den Rahmen ihrer Pflichtleistungen hinaus den Kranken wirksame Hilfe zu leisten und Tausenden von Versicherten und deren Kindern einen Aufenthalt in ihren neun Heilstätten zu gewähren.

Nicht zuletzt ist es dem Eingreifen des Vorstandes und des Ausschusses der Kasse zu verdanken, dass ein Teil der abgebauten Leistungen ( Erhöhung des Hausgeldes und Zuschüsse zu den Kosten für die Krankenhausbehandlung von Familienangehörigen) bereits wieder gewährt werden kann.

Den Versicherten ihre gesamten früheren Rechte zu verschaffen, wird das weitere Bestreben des Kassenvorstandes sein.

Berlin, den 10. Januar 1933

AOK Rungestrasse



AOK Koepenicker Straße
1912 errichtetes AOK Gebäude an der Köpenicker Straße 80-82


Figuren am AOK Gebaeude
Teilansicht AOK Gebäude am Köllnischen Park, Rungestraße 3-6


Haupteingang AOK Rungestrasse
Haupteingang AOK Gebäude
Rungestraße 3-6,
am Köllnischen Park


Eingangshalle AOK
Eingangshalle AOK
Rungestraße 3-6


AOK Berlin
Abfertigungshalle AOK Berlin,
Rungestraße 3-6

AOK Kranken Ordnung

AOK Krankenordnung; Rungestraße 3-6


Einen weiteren Bericht gibt es zum bereits 1912 errichteten AOK Komplex an der Köpenicker Straße.


heute :

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