Wer die sonst abseits vom lärmenden Getöse des Großstadtverkehrs liegende Melchiorstraße durchwandert, wird nicht selten überrascht durch das warnende Hupensignal eiliger Postautos, die auf leisen Sohlen durch den stillen Straßenzug dahinrauschen.
Alle nehmen sie ihren Weg von oder nach der Posthalterei.
Auf geräumigem Posthofe – wohlgeordnet in Reih und Glied - halten sie hier Rast und rüsten zu neuem Tun. Nicht klein ist ihre Schar.
In voller Stärke versammelt, zählt der stattliche Fuhrpark über 200 Fahrzeuge.
Längst haben die alten Bekannten wieder das helleuchtende Gelb des Friedens angelegt und das düstere, unfreundliche Grau der harten Kriegszeit ausgezogen.
Aber andere Neuerungen haben ihr äußeres Gewand doch geändert. Wir lesen „Rahma", „Hildebrand" und andere Reklameaufschriften und erkennen sofort, daß das allmächtige Reklamewesen nun auch den Postwagen erobert und ihm ein neuzeitliches Aussehen gegeben hat.
Die Not der Nachkriegszeit war es, die auch hier Wandel geschaffen hat. Neue Einnahmequellen mussten erschlossen werden, um den so dringenden Neuaufbau des Postwesens bewerkstelligen zu können.
Wirtschaftliche Erwägungen anderer Art haben auch in dem Betrieb der Postfahrzeuge eine wesentliche Änderung hervorgerufen.
Um die arg darnieder liegende industrielle Tätigkeit nach dem Kriege wieder neu zu beleben, wurde von dem Reichspostminister Giesberts zur Einführung des Kraftantriebes und zur allmählichen Einstellung des Pferdebetriebes geschritten.
So hat denn auch unsere Posthalterei seit dem 22. Juni 1925 nur noch einen Kraftwagenbetrieb, während sie in der Vorkriegszeit einen Pferdebestand von 640 Stück unterhielt ¹).
Der Kraftwagenführer, der nun die Tradition des Postillons weiterführt, hat keinen leichten Dienst. Beständig umbrandet von dem flutenden Leben der Großstadt, müssen an die körperliche und geistige Frische sowie an Zuverlässigkeit und Verantwortungsgefühl des Fahrers nicht geringe Anforderungen gestellt werden.
Um die Überbürdung der Führer zu vermeiden, andererseits aber auch die Fahrten möglichst wirtschaftlich zu gestalten und Leerläufe der Wagen zu verhüten, erfordert die Regelung der obliegenden Fahrten, die täglich in einem besondern Fahrtenbuch zusammengestellt werden, nicht nur eine eingehende Kenntnis der einschlägigen Postverkehrsverhältnisse, sondern auch ein weitblickendes Organisationsgeschick.
Die Tätigkeit der Posthaltereien steht in engster Verbindung mit dem Bahnverkehr.
Deshalb haben sie auch in der Nähe der großen Bahnhöfe ihre Unterkunft gefunden. Hier auf den sogenannten Umschlagebahnhöfen (Schlesischer, Lehrter, Anhalter Bahnhof) nehmen die Wagen die eingegangenen Postsachen in Empfang und führen dieselben den zuständigen Postämtern zu.
Dort mit neuen Ladungen versehen, nehmen sie ihren Weg weiter zu den verschiedenen Postämtern, bis sie dann nach Tagesarbeit wieder in ihre Posthalterei zurückkehren.
Schon am frühesten Morgen erwacht das Leben in unserer Posthalterei, und bis in die späte Nacht hinein herrscht hier emsige Geschäftigkeit. Morgens 3.15 Uhr verläßt der erste Wagen den Hof, und in der kurzen Zeitspanne von einer halben Stunde haben bereits 40 Wagen ihren Dienst angetreten.
Während des ganzen Tages findet dann ein ständiges Gehen und Kommen der Wagen statt, bis endlich nachts 1.45 Uhr auch der letzte Wagen einläuft, so daß der Verkehr nur auf 1 ½ Stunden zur Ruhe kommt.
Aber auch in dieser kurzen Nachtpause setzt die Tätigkeit nicht völlig aus. Die Fahrzeuge müssen mit elektrischer Kraft oder Benzinvorräten neu gespeist werden, um bei Dienstantritt im grauenden Morgen wieder zur Verfügung zu stehen.
Schadhafte Wagen werden schnell wieder ausgebessert in einer Betriebswerkstätte, die mit der Posthalterei verbunden ist. Auch für Wohnräume ist auf dem Postgrundstück gesorgt.
Sie werden ausschließlich unverheirateten Kraftwagenführern zur Benutzung überwiesen. So reiht sich die Posthalterei in unserer Luisenstadt als wichtiges Glied in die Organisation des öffentlichen Postverkehrs ein.
Hermann Mädel
¹) Am ersten Weihnachtstage 1925 erreichte der Pferdebetrieb für ganz Berlin sein Ende. An Stelle der 1700 Postpferde werden 450 Automobile den Postverkehr bewältigen.
- ENDE -
Begonnen wurde der Elektrobetrieb mit Fahrzeugen von Hansa Lloyd 1908,
als Weiterentwicklung der Kutschen zuerst ohne Verglasung des Fahrerhauses.
Die verglasten Fahrzeuge kamen etwas später.
Ab 1925 sind es vor allem die Elektro-Paketwagen von "Bergmann" die hier fahren.
Ein Elektro-"Bergmann"-Paketwagen, hier an Eisfabrik und Kühlhaus Luckenwalder Straße (heute Technik Museum)
damals wohl Postamt 77
als Repro vom Orginal erworben (kein Urheberrechtsschutz).
Das sogenannte Brückenhaus bei der Einfahrt aufs Gelände von der Melchiorstraße 9
Hier ist schon der starke Verfall zu sehen (abgerissen 2021). Aber es ist eine Besonderheit und soll deshalb neu aufgebaut werden.
Eine große Halle entlang Grundstücke an der Adalbertstraße.(erbaut um 1926 - abgerissen 2021)
Historische Bilder mit den Elektro-Paketwagen in der Halle wurden in einem Video eingespielt.
Mehrere Hallen gingen ineinander über (abgerissen 2021).
Im Hintergrund rechts der Schornstein vom Postgelände und das Wohnhaus Köpenicker Straße 40/41 im unsanierten Zustand im Jahr 2012.
Das Generatorenhaus im Zentrum des Grundstücks im Jahr 2012 - es wird erhalten bleiben
Im Hintergrund links das Verdi-Gebäude an Spree und Köpenicker Straße
Das Bild zeigt die Werkstatt zur Aufarbeitung der Batterien im Jahr 1933.
Teile der im Bild zu sehenden Anlagen befanden sich bis ca. zum Jahr 2000 im diesem Gebäude.
Die ehemalige Batteriewerkstatt im Jahr 2012
(abgerissen im Jahr 2021)
Die Batteriewerkstatt (Aussenansicht) im Jahr 2012
Das Gebäude befand sich auf dem Grund der alten Schlosserei (Hufschmiede) hinter den Grundstücken Köpenicker Straße 134-136.
Im Jahr 2021 wurde das Gebäude, wie alle Hallen auf dem Grundstück abgerissen. Erhalten bleibt nur das Generatorenhaus im Zentrum des Grundstücks.
Portal vom Postamt SO16 - Paketannahme,
auf der Köpenicker Straße
Wäre schön, wenn es - wie jetzt geplant - erhalten bliebe.
gebaut um 1895
Bis Mitte der 90er Jahre befand sich in Goldenen Lettern hier der Schriftzug:"Postamt 16; Paketannahme"
Können Sie ihn noch erahnen?
Das Tor an der Köpenicker Straße. |
Die Ausfahrt und ein Werkstatt-Schornstein an der Köpenicker Straße |
Der Blick von der Köpenicker Straße, der ehemaligen Ausfahrt des Betriebes, ließ nur wenig von der bedeutenen Nutzung des Geländes erahnen.
Der Kran gehört zum Neubau an der Adalbertstraße 41
Dieses Gebäude befand sich hinter der Klinkerfassade an der Köpenicker Straße uind dürfte zur ersten Einrichtung des Postfuhramtes im 19.Jahrhundert gehört haben.
Eigentlich auch ein Klinkergebäude wurde es irgendwann verputzt.
Hier im Jahr 2012 noch im Dornröschenschlaf, zieht bald eine Autowerkstatt zur Zwischennutzung ein, die bis 2021 bleibt.
Dann wird das Gebäude abgerissen - nur die Fassade an der Köpenicker Straße soll hiervon erhalten bleiben.
Irgendwann konnte man hier nicht nur seine Pakete abgeben, sondern auch Ferngespräche führen.
Nicht Schlecht! Im Juli 1990 einen B1000 für über 27 000 DM repariert... |
Der Rat des Stadtbezirks verlegt die Adresse nach Berlin 1026... Na, ja.. damals gabs noch keine Computer im Büro, alles wurde mit Schreibmaschine getippt und die Adressen waren auf Karteikarten vermerkt.. Einmal vertippt und.. Der Brief ist dennoch bei der Kameradin - Kamerad Wehrleiter angekommen. Sie konnten an der Brandschutzschulung teilnehmen und so zum Schutz der sozialistischen Produktionsmittel beitragen.. |
1991 dann Bundespost.. Zur deutlichen Kennzeichnung erhalten die eingeheimsten Bundesländer das O. vor die Postleitzahlen. Aber auch Mercedes schließt mit moderner Technik keine Schreibfehler aus. Oder gibts noch einen Postfuhrhof in der Melchuorstraße? |