"Im Range der Post Aemter II.Klasse" befand sich die Post - Expedition Nr. 16 seit mindestens 1867 in der (an das Grundstück angrenzenden) Adalbertstraße 35.
Einige Beamte der Posthalterei in der Köpenicker Straße am 1. Juni 1902
In dem folgenden Bericht über das Postfuhramt finden Sie 3 Schreibweisen der Köpenicker Straße, aus der mit "C". Der Text wurde Orginal abgetippt.
552 Städtische und Sonderzwecken dienende Stallbauten
C.Posthaltereien und Postfuhrämter
bearbeitet von V o g e s, Postbauinspektor in Berlin
Allgemeines.
Ein besonderer Dienstzweig der Post- und Telegraphenverwaltung ist das P o s t f u h r w e s e n.
Er umfasst die Beschaffung und Unterbringung der für die Postbeförderung erforderlichen Wagen, Pferde und Postillone. Die hierfür zu treffenden Einrichtungen haben sowohl die regelmässigen, im Voraus bestimmten Postbeförderungen, als auch die im Voraus nicht bestimmten Leistungen (Beiwagen, Extraposten usw.) zu berücksichtigen.
Vor der grossen Ausdehnung des Eisenbahnnetzes, welches in seine Maschen die früher entlegensten und unbedeutendsten Ortschaften einflicht, stand an der Spitze jener regelmässigen Leistungen die Personenbeförderung, die der Postverwaltung jetzt bis auf unbedeutende Reste entrückt ist. Das Publikum trat durch die Nothwendigkeit, bei seinen Reisen in erster Linie die Beförderung durch die Post aufzusuchen, in unmittelbare Berührung mit der Posthalterei, während es jetzt in vielen Städten deren Bestehen kaum bemerkt.
Damit soll aber nicht gesagt sein, das der Postfuhrbetrieb durch die Verminderung der Personenbeförderung eine Einschränkung erlitten hätte; im Gegentheil, durch den gesteigerten Eisenbahnverkehr, durch die vielen postalischen Einrichtungen, wie die Verbilligung und Gleichstellung des Briefportos für alle Entfernungen, durch das billigere Zonenporto für die Packetsendungen, durch die Festsetzungen des Weltpostvereins usw. wird die Beförderungsleistung der Post immer mehr gesteigert, so dass in grossen Städten die Ansprüche an das Postfuhrwesen ausserordentlich bedeutende geworden sind und zu ganz besonderen und umfangreichen baulichen Einrichtungen geführt haben.
Während in früherer Zeit die Posthaltereien vielfach in fiskalischem Besitze und Betriebe waren, so haben doch die bedeutenden Veränderungen, welche durch das Schwinden der Personenbeförderung und die Zunahme der Postsendungen entstanden, dazu geführt, als Regel anzuordnen, dass das Postfuhrgeschäft Unternehmen übertragen wird, welche sich durch Vertrag verpflichten, die auf einer Station (Posthalterei) vorkommenden Leistungen des Postfuhrwesens zu besorgen.
Aus diesem Grunde werden auf den Grundstücken der Postämter nur ausnahmsweise Pferdeställe errichtet und es finden sich daselbst meist nur Wagenhallen für die Unterstellung fiskalischer Postwagen. Nur in einigen grossen Städten sind reichseigene Posthaltereien angelegt und als Postfuhrämter in Betrieb genommen.
Es wird darauf Werth gelegt, dass die Posthalterei möglichst in der Nähe des Postamtes belegen ist und die erforderlichen Stallungen, Schuppen und Böden enthält oder deren Einrichtung mit Leichtigkeit zulässt. Für den Betrieb benutzt werden: offene, halb oder ganz verdeckte Personenpostwagen, 2 bis 9 sitzige Personenbeiwagen, Omnibus-Postwagen, offene und verdeckte Packetbeiwagen, Kariol-Postwagen, wagen zu Bahnhofsfahrten und Bestellwagen. Dazu treten vielfach noch Schlittengestelle, in Berlin noch die Wagen der Strassenpost usw.
Auf dem Lande ist vielfach eine Bestellung durch fahrende Landbriefträger eingerichtet, denen die Postverwaltung die erforderlichen Fuhrwerke liefert. Die Unterhaltung dieser Leistungen ist nicht in den Posthaltereien, sondern den betreffenden Unterbeamten überwiesen.
553 Das Postfuhramt in der Köpenicker Strasse in Berlin
1.Baubedürfniss.
Für den Bauplan einer neu einzurichtenden, grösseren Posthalterei oder eines Postfuhramtes erstrecken sich die Ermittlungen auf die Zahl der zu unterhaltenden Pferde (danach bei den Stallungen auf Anzahl der Pferdeställe, der Krankenställe, der Böden für Halm und Körnerfutter, Grösse der Düngerstätten, der Beschlagschmiede usw.), auf die Zahl der Postillione und deren Unterbringung, auf die Zahl der im Freien aufzustellenden, oder im Wagenhallen unterzustellenden Wagen.
Bei den grösseren Postfuhrämtern treten dazu Geschäftsräume und Dienstwohnungen für den Postfuhramts-Vorsteher, für die Aufsichtsbeamten und den Rossarzt, die Anlage von Brückenwaagen und Reparaturwerkstätten usw.
Die besonderen Einrichtungen mögen an zwei Beispielen neuer Ausführungen der grösseren Art erläutert werden: an dem Postfuhramte zu Berlin und an der Posthalterei in Leipzig.
2.Beispiele
a. Das Postfuhramt in der Köpenicker Strasse in Berlin,
Fig. 53 (Taf. VIII), 54 und 55,
liegt auf einem von Privatgrundstücken umschlossenen Platze, der sich nach der Köpnickerstrasse 132 und nach der Melchiorstrasse 9 mit breiten Einfahrten öffnet. (An der Köpenickerstrasse ist ein Thorgebäude noch nicht errichtet.)
Es bietet durch seine jetzigen, einen grossen Hof umlagernden Bauten Raum zur Unterbringung von 650 Pferden und 350 Postillonen; durch spätere Bauten ist eine Vermehrung auf 850 Pferde und 400 Postillone beabsichtigt.
Für den Grundstückserwerb war maasgebend die günstige Lage zu den Verkehrsämtern, das grosse und daher billig zu erwerbende Hinterland, die Möglichkeit der Ein- und Ausfahrten nach verschiedenen Strassen, die zu erreichende Grenzbebauung und damit die Anlage eines grossen ungetheilten Hofes zur Aufstellung des Wagenparks. Unterstützt wird der Postfuhrbetrieb noch durch die von der Zentrale in der Köpenickerstrasse abhängigen Postfuhrämter in der Möckernstrasse und in der Oranienburgerstrasse. (Ferner ist für erholungsbedürftige Pferde noch eine Koppel in Tegel angelegt.)
Eine Unterstellung der Wagen ist bei diesen Postfuhrämtern nur zumtheil vorgesehen, da in Berlin die Wagen wenig zur Ruhe kommen und zu ein erheblicher Theil des Dienstes auf die Nachtstunden fällt.
Aus dem abgebildeten Grundrisse der Gesammtanlage ist die Vertheilung der einzelnen Räume zu ersehen. Besonders bemerkenswehrt sind die Einrichtungen der Pferdeställe, von denen der Stall Nr. VII in Ansicht und Schnitt vorgeführt wird.
Die S t a l l u n g e n sind in zwei Geschossen übereinander angelegt, Fig.55. Das untere Geschoss liegt 1 – 1,1m unter, das obere 3m über dem Erdboden, beide sind durch Rampen mit Steigung 1:6 zugänglich.
Die R a m p e n a n l a g e ist so geordnet, dass sie möglichst nahe von allen Pferdeständen aus erreichbar sind, und das der Weg, den die Pferde zu nehmen haben, die geringste Zahl von Ecken aufweist. Daher sind die Stallgebäude (bis auf 1 Eckgebäude) als Langbauten angelegt. Das Rampenpflaster besteht aus 10-12 cm breiten Granitreihensteinen, die nicht in gleicher Oberfläche, sondern im Profil der Rampe sägeartig verpflastert sind, damit die Pferdehufe sicheren Halt finden. Die Brüstungen der Rampen sind 90 bis 100cm hoch als starke Ziegelmauern angelegt. Für das Bestreuen bei besonderer
Fig. 54 Postfuhramt Köpenicker Straße 132 errichtet um 1893
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Glätte befinden sich Sandgruben neben den Rampen. Unter und neben den Rampen liegen die geräumigen Düngerstätten, nach denen von den oberen Stallungen Düngerauswürfe auf Granitleitbahn führen.
Die Stallung sind in 2 Längsreihen zu Seiten eines Mittelganges angeordnet, da zu bestimmten Stunden ein besonders reger Verkehr der ankommenden und abgehenden Gespanne stattfindet,
so war es erforderlich, dass der Stallgang hinter den Pferdeständen, der ohnehin durch die hinter den Pferden hängenden Geschirre und Pferdedecken eingeengt wird , eine solche Breite erhielt, dass zwei sich begegnenden Pferde bequem aneinander vorbeigehen können.
Diese Breite des Mittelganges ist zu 2,7m ermittelt. Der 3m breite Stand für 2 Pferde ist durch die eisernen Säulen der Deckenkonstruktion und durch Bohlenscheidewände mit Beissgittern bis zur Umfassungswand des Gebäudes begrenzt. Die Einzelstände sind durch eiserne Flankirbäume abgetrennt.
Fig.55. Schnitt durch Stall VII des Postfuhramts Köpenicker Straße,
Die Krippen sind – wie aus beigefügter Einzelzeichnung ersichtlich, Fig.56 – ohne Untermauerung aus gesintertem und glasirtem Bunzlauer Thon in schmiedeeiserne Rahmen angelegt, um eine leicht Besichtigung und Ueberwachung zur guten Reinhaltung möglich zu machen. Die Krippentische sind auch deshalb nicht untermauert worden, um mehr freien Raum für die liegenden Pferde zu gewinnen.
Dass dabei die Pferde mit der Brust gegen die Krippe getrieben werden, hat sich als unerheblich erwiesen. Das Treten über die die Halfterkette ist durch Anbringen gebogener Laufstangen, an welchen die Halfterketten, der Bewegung der Pferde folgend, auf und abgleiten, vermindert. Ueber den Beissgittern sind an der Gebäude-Umfassungswand eiserne Laufraufen angebracht. Die Maase der Stalleinrichtung sind folgende: Höhe des Krippentischs 1,08m, der Raufe 1,66-2,01m, Länge des Standes von Wand bis Gang 3,1m, von Krippe bis gang 2,5m. Wassertröge sind auf den Krippentischen nicht angebracht, da eine sofortige Tränkung die erhitzt ankommenden Pferde schädigen würde, Fig. 56.
Der Fussboden der Stände hat ein Gefälle von 1:33 zum Mittelgange hin; er besteht – da Matratzenstreu verwendet wird – aus einem 15 cm starken, oben geglätteten Zementbeton-Estrich. (Asphalt hat nicht die genügende Widerstandsfähigkeit gezeigt). Das Gefälle der Rinnen beträgt 1:66, in den Gängen 1: 100. Die Bohlenscheidewände sind auf wagrechte Betonstege aufgesetzt, um sie gegen Jauche zu schützen.
Die Rinnen und Entwässerungskessel des gleichfalls betonirten Mittelganges sind mit abgerundeten Wulsten und Uebergängen umgeben.
Die Decke der 4m hohen Ställe ist aus Ziegelkappen zwischen Eisenträgern gebildet und oben unter dem Pflaster mit Asphalt belegt.
556 Städtische und Sonderzwecken dienende Stallbauten usw.
Die Lüftung der Ställe geschieht durch Oeffnen der eisernen, um eine wagerechte Mittelaxe drehbaren Stallfenster mittels Kettenzug über Rollen, welche an den eisernen Säulen befestigt sind.
Besonderen Werth ist auf den guten Schluss der Thüren gelegt, um eine gleichmäßige Temperatur von 15-17 C zu unterhalten. Für die Stallgänge sind jalousieartige Schiebethüren mit starkem Eisenbeschlag und starken Puffern beschafft.
Die Entwässerung des Oberstalls geschieht durch gusseiserne Abfallröhren mit Kastensieb-Verschlüssen nach den Gullies der unteren Stallentwässerung und von da mittels unterirdischer Thonrohrleitung nach der Strassenleitung der städtischen Kanalisation.
Eine besondere Abtheilung der Ställe ist zu Krankenställen mit allen Vorrichtungen zum Waschen, Douschen, Klystieren usw. eingerichtet.
Fig. 56. Pferdestall auf dem Postfuhramt Köpenicker Straße 132
Die Futterkammern in den Stallgeschossen sind gleichförmig vertheilt. Das Körnerfutter wird mittels glasirter Thonrohre von 30cm Durchmesser vom Futterboden unmittelbar in die Futterkästen der Kammer geschüttet. Füllschächte für Heu stehen in Verbindung mit dieser Futterschüttung.
Sämmtliche Futterschüttungen sind im Futterboden durch schmiedeeiserne Klappen geschlossen.
Die Geschirrkammer ist ohne besondere Einrichtung im hinteren Theile der Treppenhäuser angelegt.
Der Futterboden im Dachraum ist für Halm- und Körnerfutter getrennt. Er hat Gipsestrich als Fussboden erhalten. Die Abtheilungen des Körnerbodens sind durch Bretterwände umgrenzt und vom Mauerwerk isolirt, um leicht den Mäusen nachspüren zu können, während die gleichartigen Umgrenzungen des Halmbodens aus Lattenwerk bestehen.
Das Halmfutter wird über einer Ladebühne aufgezogen und durch Luken in die Bodenräume eingebracht, dagegen wird das Körnerfutter – wie ortsüblich – in Säcken hinauf getragen.
Eines der Gebäude enthält eine elektronisch angetriebene Häcksel-Schneidemaschine.
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und eine Maisquetschmaschine. Für die Beschaffung grösserer Futtermengen für den jährlichen Gesammtbedarf der Berliner Postfuhrwesens ist die Anlage eines besondern Silospeichers geplant.
Im 3. Geschoss mehrerer Gebäude befinden sich die Räume für die Postillone, welche durch seitlich gelegene feuersichere Treppen erreichbar sind. Sie bestehen aus langen, in ihrer Breite die ganze Gebäudetiefe einnehmenden Schlafsälen und besonderen Wasch- und Aborträumen.
Der Fussboden der ohne bemerkenswerthe Einzelheiten angelegten Räumen besteht, um das Durchdringen der Stallgerüche zu verhüten, aus Zementbeton. Für die Trocknung der nassen Mäntel und Kleider sind im Bodenraum besondere Einrichtungen hergestellt. In einem Gebäude befindet sich für die Postillone eine besondere Brause- und Bade- Einrichtung.
Ein Verwaltungsgebäude harrt noch der Erbauung. Gegenwärtig ist eine Nebenverwaltung zur Aufsicht und Leitung des Betriebes eingerichtet.
Das Schmiede- und Maschinenhaus enthält ausser dem Raum für die elektrische Maschine und die Zentesimalwaage eine Beschlagschmiede-Halle mit 4 Feuern für 75 Pferde. Die Beschlagbrücke ist durch 10 cm starken Lehmschlag auf Beton und Asphaltbelag gebildet.
Ein Aufenthaltsraum für Schmiedegesellen, sowie eine Wohnung des Schmiedemeisters und des Maschinisten sind mit dem Gebäude verbunden.
Wasser wird theils durch ein elektrisch angetriebenes Pumpwerk, durch welches das Wasser aus einem 50m tiefen Brunnen zu den Wasserbehältern in den Treppenthürmen befördert wird, theils durch städtische Wasserleitung.
Für das Hofpflaster hatte sich ein glatter Belag nicht bewährt. Es ist deshalb ein undurchlässiges Pflaster aus in Zement verlegten, 15cm starken Grossmosaiksteinen aus Porphyr auf 15cm starker Betonunterbettung angelegt.
Die Gebäude sind aus Hartbrandziegeln errichtet mit Fassaden in einfachen Ziegelfugenbau. Bei der Ausbildung des Aeusseren ist jeder überflüssige Aufwand vermieden, indessen durch geschickte Gruppirung und Ausbildung der Einzelheiten eine reizvolle Gesammterscheinung erzielt.
1893 Grundrissplan des Postfuhramt Köpenicker Straße 132 - Melchiorstraße 9
So liebe Freunde, ein Bild der Anlage findet Ihr im
Kutscher - Forum.
Dieses Bild könnt Ihr sozusagen an die Grafik Figur 54 links anschließen.
Weitere Bilder findet Ihr unter
tradition-fahrkunst.de. Dort müsst Ihr Euch allerdings anmelden.
Bis auf die Schmiede und die Gebäude am Engel Ufer (heute Engeldamm) gibts vom gesamten Ensemble Bilder, die hier aber aus Urheberrechtsgründen leider nicht gezeigt werden können.
Die Berufsgenossenschaft für Fuhrwerke befand sich einst in der Melchiorstrasse 11, direkt an der Grundstücksgrenze zum Postfuhramt.
Später wird "Der Fuhrhalter" in der Köpenicker Straße 40/41 gedruckt
1925 werden
alle Pferde der Reichspost ausser Dienst gestellt und komplett durch Fahrzeuge ersetzt.
Dadurch verlieren auch die meisten Gebäude des Postfuhramts Melchiorstrasse ihre Funktion und werden abgerissen.
Die neue Bebauung dient nun den Elektrofahrzeugen der Post und wird vom "Luisenstädtischen Heimatbuch 1927" beschrieben.